Am 27. Januar 2023 hat das Verwaltungsgericht (Tribunal adminIstratif) in der Rechtssache Nr. 42432, nach einem fast vierjährigen Verfahren, eine lang erwartete Entscheidung über die steuerliche Behandlung des Rückkaufs (redemption) von sogenannten Alphabet-Shares gefällt. Unseres Wissens nach ist dies die erste Rechtsprechung die sich mit dem Thema des Rückkaufs von Alphabet-Shares befasst und erst die zweite die sich generell mit dem Rückkauf von eigenen Anteilen befasst nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (Cour administrative) vom 23. November 2017 in der Rechtssache Nr. 39193C.
Im betreffenden Fall kaufte der Steuerpflichtige von seinem einzigen Gesellschafter die gesamte Klasse der Alphabet-Shares zurück, welche er zuvor ausgegeben hatte. Laut Satzung hatte der Gesellschafter als Gegenleistung für den Rückkauf Anspruch auf fast alle thesaurierten Gewinne des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige behandelte diesen Rückkauf und die anschließende Annullierung der Anteilsklasse als eine gewerbliche Kauf- und Verkaufstransaktion und unterwarf den Verkaufspreis nicht der luxemburgischen Quellensteuer. Die luxemburgischen Steuerbehörden waren mit dieser Einschätzung nicht einverstanden, stuften die Transaktion als missbräuchlich ein und qualifizierten sie als verdeckte Gewinnausschüttung, welche einer Quellensteuer von 15 % unterliegt.
Der Steuerpflichtige, vertreten durch BSP, legte gegen diese Entscheidung Einspruch beim Verwaltungsgericht ein und machte im Wesentlichen geltend, dass weder die Tatsache, dass alle Anteilsklassen von ein und demselben Gesellschafter gehalten wurden noch die Tatsache dass sie kurz vor der Transaktion eingerichtet wurden, missbräuchlich sei oder gar eine verdeckte Gewinnausschüttung darstelle. BSP argumentierte, dass es sich bei der vorgenommenen Transaktion nicht um eine Gewinnausschüttung handeln kann, da der Gesellschafter nicht von den Früchten seiner Investition profitiert, sondern, dass es sich bei der Transaktion um eine Veräußerung eines Vermögensgegenstandes handele da der Gesellschafter aufhört das Recht auf künftige Einkünfte zu besitzen, und daher seine Einkommensquelle veräußert hat.
Das Verwaltungsgericht vertrat, nach sorgfältiger Prüfung der Argumente der Parteien und des Sachverhalts, denselben Standpunkt wie BSP und der Verwaltungsgerichtshof davor. Der Rückkauf einer Anteilsklasse ist eine gänzlich andere Transaktion als eine Gewinnausschüttung, die nicht nur anderen gesellschaftsrechtlichen Zwängen unterliegt, sondern auch andere wirtschaftliche Folgen für den Verkäufer und den Käufer der Anteile hat, so dass der Rückkauf einer Anteilsklasse nicht als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft werden kann, es sei denn, der für diese Anteilsklasse gezahlte Preis ist höher als der Marktwert der zurückgekauften Anteile. In diesem Fall könnte der überhöhte Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft werden. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin beschlossen, die Sache an die Steuerbehörden zurückzuverweisen, damit diese den Marktwert der zurückgekauften Anteile ermitteln und beurteilen kann und ob somit der gezahlte Betrag den Marktwert übersteigt. Sollte der gezahlte Betrag den Marktwert übersteigen, könnte lediglich die Differenz zwischen dem gezahlten Betrag und dem Marktwert in eine verdeckte Gewinnausschüttung umqualifiziert werden.
Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts verschafft Steuerpflichtigen und Beratern eine willkommene Klarheit und Orientierungshilfe und festigt die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Zukunft. Während der Staat noch die Möglichkeit hat, innerhalb von 40 Tagen Berufung beim Verwaltungsgerichtshof einzulegen, scheint die steuerliche Behandlung von Anteilsrückkäufen, die in der Vergangenheit Gegenstand von dogmatischen Positionen und Nuancen war, allmählich an Klarheit zu gewinnen.
Weitergeben